Dyskalkulie - Tipps für Eltern

Mein Kind hat Dyskalkulie — Tipps für Eltern

1. Das seelische Gleichgewicht Ihres Kindes ist wichtiger als gute Schulnoten!
Sehen Sie die Stärken Ihres Kindes und stellen Sie nicht die mathematische Schwäche und die damit verbundenen schlechten Noten in den Vordergrund.

2. Das Kind kann nichts für seine Dyskalkulie!
Nehmen Sie dem Kind das Gefühl des Versagens. Die meisten Kinder erleben über Jahre eine Überforderung-Versagens-Spirale, die fast immer zu Folgeproblemen wie Schulangst, Unsicherheit und Verlust von Selbstvertrauen geführt hat. Durchbrechen Sie diese Spirale. Machen Sie Ihrem Kind Mut.

3. Selbstvertrauen ist sehr wichtig. Finden Sie die Stärken Ihres Kindes heraus und die Lernstrategien, die für ihr Kind am wirkungsvollsten sind.

4. Nutzen Sie beim Lernen möglichst viele Kanäle: Sehen, Hören, Sprechen, Tasten, Schreiben, Bewegen, Zeichnen. Visualisieren Sie zum Beispiel die Aufgabenstellung durch Mengen und/oder Skizzen. Ihr Kind sollte möglichst viel handelnd erfahren. Begreifen kann ich nur etwas, was ich auch greifen kann.

5. Erarbeiten Sie mit Ihrem Kind eine regelmäßige Lern- und Übungsstruktur. Je älter ihr Kind ist, desto mehr Selbstverantwortung hat es. Gestalten Sie eine Wochenübersicht mit den Lernzeiten. Vergessen Sie aber nicht genügend Pausen einzuarbeiten und Zeit für die Hobbys zu lassen.

6. Haben Sie sehr viel Geduld! Ihr Kind braucht sehr viele kleine Schritte, anschauliche Erklärungen und stetige Wiederholungen zur Sicherung des Gelernten.

7. Loben Sie auch kleine Erfolge. Misserfolge hat Ihr Kind schon genug erlebt. Um diese Misserfolge und den daraus entstandenen Verlust des Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten auszugleichen, bedarf es sehr viel Lob, Zuspruch und Vertrauen in Ihr Kind. Loben Sie zum Beispiel richtige Teilschritte in einer Aufgabe, auch wenn das Gesamtergebnis nicht stimmt.

8. Erarbeiten Sie mit Ihrem Kind gemeinsam eine Art persönliches Mathebuch, in dem Rechenregeln, Merksätze und Musterrechnungen enthalten sind. Die Merksätze der Schule sagen Ihrem Kind meist nichts und sollten daher nicht einfach übernommen werden. Wichtig ist hierbei, dass Ihr Kind mit Ihrer Hilfe die Regeln und Merksätze selber formuliert. Nur so können Sie sicher gehen, dass der Inhalt verstanden wurde. Eselsbrücken die für Sie hilfreich sind können Ihr Kind total verwirren. Lassen Sie sich immer wieder von Ihrem Kind eine Aufgabe bzw. ein Thema erklären. So können Sie die Denkvorgänge nachvollziehen und wissen was Ihr Kind wie verstanden hat.

9. Die mathematischen Grundlagen, wie der Aufbau der Zahlen im Dezimalsystem, größer-kleiner Relationen, räumliche Erfassung von Zahlen, das kleine Einmaleins, Vorgehen von bestimmten Rechenwegen, z. B. die schriftliche Subtraktion und Division, bedürfen einer stetigen Wiederholung.

10. Lernen Sie spielerisch. Neben bekannten Brett-, Würfel- und Kartenspielen gibt es viele empfehlenswerte Rechenspiele (siehe Liste). Beim Spielen entsteht Freude.Alles was mit positiven Gefühlen verbunden ist, gelangt sicher und schneller in unser Langzeitgedächtnis. Negative Gefühle stören bzw. verhindern gar diese Speicherung.

11. Stellen Sie Sachaufgaben (Textaufgaben) anschaulich dar. Gestalten Sie dazu Skizzen und lassen Sie sich den Textinhalt von ihrem Kind mit eigenen Worten wiederholen. Nur so können Sie sicher gehen, dass ihr Kind den Inhalt verstanden hat. Gerade Sachaufgaben gehören zu den schwierigsten Themen für ein Kind mit Dyskalkulie.

12. Halten Sie Kontakt mit den Lehrern!
Vereinbaren Sie, wenn möglich, Unterstützungsmöglichkeiten.

Beispiele:

· Ihr Kind sollte nur freiwillig vorrechnen oder an die Tafel gehen. Die negative Situation, wenn Ihr Kind ungewollt an die Tafel muss, obwohl es die Aufgabe nicht rechnen kann, wirft den bisherigen Lernerfolg meist wieder weit zurück. Ihr Kind wird sich dort vorgeführt und bloßgestellt fühlen, auch wenn der Lehrer es nicht so gesehen hat.

· Vereinbaren Sie Sonderregeln für die Hausaufgaben. Nur erfüllbare Aufgaben bringen ihr Kind weiter. Ansonsten wird nur stur nach Schema, ohne Verstehen, gearbeitet. Sinnvoll ist auch ein Zeitlimit zu vereinbaren, unabhängig davon ob die Hausaufgaben fertig sind.

· Auch die Lehrer sollten die individuellen Lernfortschritte loben. Ermutigende Bemerkungen sind wichtig und sehr hilfreich.

· Klassenarbeiten sollten übersichtlich mit Platz für Nebenrechnung und Skizzen sein. Eventuell lässt sich vereinbaren, dass Ihr Kind die Aufgaben nacheinander erhält. Eine oder zwei Seiten voller Aufgabenmit Zahlen überfordern ihr Kind und führen zu Blockaden.

· Versuchen Sie einen Nachteilsausgleich (siehe unten) zu vereinbaren, zum Beispiel mehr Zeit für die Klassenarbeit oder weniger Aufgaben.

13. Halten Sie Kontakt zu Ihrer Lerntherapeutin!
Sie wird Sie über die Lernfortschritte informieren. Erwarten Sie keine schnellen Wunder. Je nachdem wo die Lücken ihres Kindes liegen braucht es viel Zeit und Geduld. Aber diese Zeit lohnt sich!

14. Nutzen Sie Alltagssituationen zum Rechnen, Kochen, Backen, Basteln, Werken, Einkaufen. Bringen Sie in Worte um welche mathematischen Bereiche es hier geht, zum Beispiel: Abmessen von Gramm und Milliliter; Mengen eines Rezeptes verdoppeln oder halbieren; ein Werkstück ausmessen; einen Bauplan zeichnen und mit genauen Maßen versehen; Gewicht eines Koffers für den Flug wiegen und festlegen wie viel muss raus oder darf noch rein.
Auch in der Natur entdecken wir überall Mathematik. Schauen Sie zusammen mit Ihrem Kind hin und verknüpfen Sie die für das Kind abstrakte Welt der Zahlen und mathematischen Begriffe mit Bildern und Leben.
Beispiele:
Facettenaugen, Honigwaben, etc. sind Sechsecke. Warum ist das Sechseck besser als der Kreis um eine Fläche optimal zu nutzen?
Wie kann ich die Höhe von einem Baum mit einem Geodreieck bestimmen?
Strukturen von Schneeflocken.
Wo gibt es überall Zahlen und warum (Hausnummern, Verteilerkästen, etc.).
Suchspiel auf dem Weg zum Einkaufen: Wer findet die meisten Dreiecke, Vierecke, etc.
Im Wald aus Stöcken und anderen Materialien Formen legen

Hier können Sie die Tipps als PDF-Datei herunterladen:

Mein-Kind-hat-Dyskalkulie-Tipps-fuer-Eltern.pdf


Nachteilsausgleich — Definition:
Nachteilsausgleich ist ein Verfahren um Teilleistungsstörungen (dazu gehört die Dyskalkulie) bei Schülerinnen und Schülern auszugleichen. Damit soll Schülerinnen und Schülern, die eine Behinderung oder ein klinisch beschriebenes und gutachterlich festgestelltes Erscheinungsbild bestimmter Teilleistungsstörungen nachweisen, ein ihren Fähigkeiten angemessener Weg durch das bayerische Schulsystem ermöglicht werden.
Der Nachteilsausgleich besteht entweder in einer Verlängerung der Arbeitszeit bei der Leistungserhebungen und/ oder in einer veränderten Gewichtung der erreichten Noten und/ oder im zur Verfügung stellen von technischen Hilfsmitteln. Den Umfang und die konkrete Ausgestaltung des Nachteilsausgleiches schlägt aufgrund eines Gutachtens eines niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychologen der zuständige Schulpsychologe (an der Schule oder an der staatlichen Schulberatungsstelle) vor.
Allgemein lassen sich die Regeln für den Nachteilsausgleich aus den Bestimmungen für die Lese- und Rechtschreibschwäche bzw. die Legasthenie analog für andere Bereiche ableiten.

Quelle: http://www.schulberatung.bayern.de/schulberatung/bayern/fragen_paed_psy/lern_leistungsschwierigkeiten/index_07807.asp

„Nachteilausgleich oder Notenschutz bei Dyskalkulie.
Momentan wird in Bayern leider keinen Nachteilausgleich oder Notenschutz für dyskalkulische Kinder gewährt.
Aber die Schule kann betroffene Kinder entlasten. Nach § 44 (2) der Schulordnung für die Grundschulen und Hauptschulen (Volksschulen)
in Bayern (VSO) kann aus pädagogischen Gründen auf eine Bewertung der Leistungen durch Noten zeitweilig verzichtet werden.
Im § 42 der VSO ist geregelt, dass Hausaufgaben gestellt werden sollten, … die von Schülerinnen und Schülern mit durchschnittlichem Leistungsvermögen in der Grundschule in einer Stunde“ bewerkstelligt werden können.“ (http://legasthenie-bayern.de/node/39)

26.11.2013 15:02